Durch die zunehmende Migration nach Deutschland wird das Thema FGM/C (Female Genital Mutilation/Cutting) immer präsenter. Es bedarf einer interdisziplinären Versorgung betroffener Frauen, die eine medizinische und psychosoziale Betreuung sicherstellt. Um dies zu erreichen, wurde eine zentrale Anlaufstelle für betroffene Frauen gegründet, ein vom Land Baden-Württemberg gefördertes Modellprojekt.

Weltweit sind ca. 200 Millionen Mädchen und Frauen von FGM/C betroffen. In vielen Ländern der Welt, vor allem in Afrika, Asien und Südamerika, werden Mädchen zwischen dem Säuglings und jungen Erwachsenenalter aus traditionellen Gründen und ohne medizinische Indikation beschnitten. Aufgrund von Migration leben in Deutschland schätzungsweise 104.000 betroffene Mädchen und Frauen, wobei es sich bei diesen Zahlen lediglich um Hochrechnungen handelt. Frauen können als Folge der Beschneidung an einer Vielzahl von psychischen und gesundheitlichen Problemen leiden, ohne dass ihnen der Zusammenhang bewusst ist oder ihr Umfeld es zulässt, darüber zu sprechen.

SozialarbeiterInnen, BetreuerInnen und PsychologInnen, die mit Geflüchteten arbeiten, wissen oft wenig über FGM/C, obwohl sie zum Teil täglich mit betroffenen Mädchen und Frauen zu tun haben. Aber auch beim Gesundheitspersonal in Deutschland gibt es große Wissenslücken, und das Thema FGM/C wird noch immer nicht flächendeckend an medizinisches Personal oder Studierende vermittelt.

Viele niedergelassene FrauenärztInnen sehen betroffene Frauen in ihrer Sprechstunde und sollten das Vorliegen von FGM/C auch nach ICD-10 kodieren. Frauen kommen u. a. in die Sprechstunde, um eine Bescheinigung für ihr Asylverfahren zu erhalten, um sich wegen Schmerzen, sexueller Beschwerden, einer Schwangerschaft oder einer rekonstruktiven Operation beraten zu lassen. Hier sind Vorwissen und Sicherheit im Umgang mit den Betroffenen entscheidend, aber oft nicht vorhanden.

Das Land Baden-Württemberg hat die gravierende Situation dieser Frauen und Mädchen erkannt und fördert nun ein Modellprojekt zur Verbesserung der Versorgungssituation betroffener Frauen und Mädchen mit einer Laufzeit von zwei Jahren.

Sompon Socialservices Baden-Württemberg übernimmt als zentrale Koordinierungsstelle in Göppingen die Aufgabe der Durchführung in Zusammenarbeit mit seinen Partnerinstitutionen und -organisationen aus verschiedenen Disziplinen. Die medizinische Versorgung und Fortbildung wird durch das FZG (Freiburger Zentrum für Frauen mit Genitalbeschneidung) übernommen.

Ziel der zentralen Anlaufstelle ist es, die psychosoziale Betreuung, kultursensible Begleitung und medizinische Versorgung von betroffenen Frauen in Baden-Württemberg sicherzustellen und gleichzeitig den Wissensstand des Fachpersonals der verschiedenen Einrichtungen zu verbessern. Dazu werden regelmäßige Fortbildungen für Fachkräfte und Community leaders durchgeführt und auch die medizinische Fortbildung ausgebaut.

Weitere Informationen zum Kontakt und den geplanten Veranstaltungen, zu der auch medizinische Vortragsreihen gehört, finden Sie unter: https://fgmc-bw.de.